Willkommen in der Welt der Farben
Wissen Sie, woher der Ausspruch „Sein blaues Wunder erleben“ stammt? Er soll beim Färben mit Pflanzen geprägt worden sein!
Die Blaudruckerei ist ein uraltes Handwerk und seit dem 18. Jahrhundert wurde in Europa der Farbstoff Indigo benutzt, der aus einer in Asien beheimateten Pflanze stammt. Da Textilien im Farbbad mit Indigo zunächst eine grün-gelbliche Färbung annahmen, bevor sie an der Luft auf wundersame Weise - oder vielmehr durch den Kontakt mit Sauerstoff - blau wurden, führt man den Ausspruch „Sein blaues Wunder erleben“ auf dieses Handwerk zurück.
Es existieren zahlreiche Pflanzen-Inhaltsstoffe, die für das Färben benutzt wurden und werden. Schaut man sich die tiefdunklen Färbungen von roter Beete oder Rotkohl an oder das leuchtende Gelb-Orange der Ringelblumen, ist es auch nicht erstaunlich, dass in Pflanzen ein hohes Potenzial steckt. Der Bauerngarten von Hof Möhr zeigt einige der Pflanzen, mit denen Färben möglich ist. Insgesamt sind etwa 150 Arten bekannt, die dafür genutzt werden können. In der „Allerweltspflanze“ Brombeere beispielsweise stecken Anthocyane, die wie Indigo blau färben.
Aber auch Rot-, Gelb- und Braunfärbungen sind auf natürliche Weise möglich. Genauso variabel wie die Farben sind auch die eingesetzten Pflanzen. So wurde zum Beispiel vor dem Blaufärben mit der Indigopflanze in Europa Färberwaid angebaut, um eine blaue Farbe zu erhalten. Bei Blutweiderich lässt sich schon dem Namen nach erahnen, dass er für die Farbe Rot zuständig ist. Genauso gehören aber auch Labkraut oder Färberkrapp in diese Kategorie. Schöllkraut, Rainfarn oder Ringelblumen sorgen für eine gelbe Färbung und Färberkamille kann die Farbe braun erzeugen.
Genauso vielfältig wie die Färberpflanzenwelt sind auch die Anwendungsgebiete der färbenden Bestandteile. Sie finden ihren Einsatz in der Textilproduktion und in der Kosmetik. Sogar in der Lebensmittelindustrie kommen färbende Substanzen zum Einsatz. Aus der Gruppe der Carotinoide, also der natürlichen Farbstoffe, die eine gelbliche bis rötliche Färbung verursachen, werden einige in Lebensmitteln benutzt – Hersteller verbessern damit das Aussehen von Margarine, Gummibärchen oder Fruchtsäften.
Farbstoffe wurden und werden auch synthetisch hergestellt. Dafür kommen jedoch teils giftige chemische Substanzen zum Einsatz, so dass heute die Nachfrage nach den natürlichen Färbemitteln langsam wieder steigt. Warum auch nicht? Es ist nicht nötig, dass Arbeiter oder Konsumenten ihre Gesundheit aufs Spiel setzen oder Allergien entwickeln. Der Bauerngarten auf Hof Möhr zeigt einen Ausschnitt aus der Bandbreite der Färbemöglichkeiten auf natürlichem Weg.Die Färberpflanzen im Möhrer Bauerngarten
Alkanna (Alkanna tinctoria)
Alkanna ist eine alte Färberpflanze, deren Wurzeln schon in der Antike war. Der Farbstoff aus den Wurzeln wird zum Färben von Textilien verwendet. Er färbt Wolle violett. Auch in der Leder- und Kosmetikindustrie wird Alkanna als Färbemittel eingesetzt.
Dost, Wilder Majoran (Oreganum vulgare)
In Alaun vorgebeizte Wolle wird durch Dost rot gefärbt. Zum Färben wird die gesamte Pflanze zur Blütezeit verwendet. Dost ist auch als Gewürzpflanze bekannt und findet außerdem in der Homöopathie Verwendung.
Echtes Labkraut (Galium verum)
Das echte Labkraut ist eine alte Färberpflanze, die von den Kelten verwendet wurde. Mit den Wurzeln werden Naturfasern rot gefärbt. (Das in der Pflanze enthaltene Lab-Enzym wird in der Käseherstellung eingesetzt. Chesterkäse erhält durch Labkraut die typische Farbe.
Färberhundskamille (Anthemis tinctoria)
Zum Färben werden die Blüten und die Blätter verwendet. Abhängig von der Vorbehandlung werden Textilien gelb bis braun gefärbt.
Färberkrapp war schon in der Antike bei den Griechen und Römern bekannt. Die unterirdischen Erdsprosse liefern einen roten Farbton von hoher Lichtechtheit.
Färbermeister (Aperula tinctoria)
Vom Färbermeister werden die unterirdischen Erdsprossen verwendet, die einen rotfärbenden Farbstoff enthalten. Die Pflanze wurde als Ersatz für Färberkrapp verwendet.
Färberwaid (Isatis tinctoria)
Eine traditionelle Färberpflanze auch in Deutschland. Die Blätter wurden vor der Blüte zur Gewinnung von blauen Farbstoffen geerntet. Mit der Einführung des Indigofarbstoffs aus Asien ging die Bedeutung von Färberwaid zurück. Heute erfährt der Anbau in Deutschland eine Renaissance. Aus Inhaltsstoffen von Waid lassen sich umweltschonende und biologisch abbaubare Holzschutzmittel herstellen.
Rainfarn (Tanacetum vulgare)
Die Blätter und Blütenkronen dieser einheimischen Pflanze färben Wolle gelb bis bräunlich. Mit Rainfarn sollten im Mittelalter Hexen, böse Geister aber auch Krankheiten fern gehalten werden.
Roter Fingerhut (Digitalis purpurea)
Die Blatter vom Roten Fingerhut färben Textilien abhängig von der Vorbehandlung gelb bis braun. Auch in der Heilkunde findet Fingerhut bei Herz- und Kreislauferkrankungen Anwendung.
Schwarze Stockrose (Alcea rosea v. nigra)
Die Blüten ohne Kelchblätter werden traditionell in der Türkei zur Rotfärbung von Lebensmitteln verwendet. Wolle wird abhängig von der Vorbehandlung violettblau bis grauschwarz.
Studentenblume (Tagetes erecta)
Diese Pflanze aus Mittelamerika ist zur Gelbfärbung von Naturfasern und Lebensmitteln geeignet. Die Blüten werden dem Futtermittel für Hühner zugesetzt, wodurch das Eidotter eine intensivere Gelbfärbung bekommt.
Wiesenflockenblume (Centaurea jacea)
Die Wiesenflockenblume wird zur Gelbfärbung von Naturfasern verwendet.
Wilde Malve (Malva sylvestris)
Die wilde Malve ist eine bereits in der Antike bekannte alte Gemüse-, Heil- und Färberpflanze. Die getrockneten Blütenblätter färben mit Alaun oder Weinstein vorgebeizte Wolle rosenholzfarben. Auch in der Lebensmittelindustrie wurde der gelbe Farbstoff der Blüten zum Färben genutzt.
Quellenangaben:
E. Prinz (2014): Färberpflanzen, Schweizerbart 2. Aufl.
Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (Hrsg.) (2004): Färberpflanzen. http://www.nova-institut.de/news-images/20041104-08/pdf_167faerber_2004.pdf (aufgerufen: 2.6.2015)
http://www.digitalefolien.de/biologie/pflanzen/faerbe/faerbe.html (aufgerufen: Mai 2015)
http://pflanzenfarben2013.blogspot.de/ (aufgerufen: Mai 2015)
http://www.netzwerk-laendlicher-raum.de/fileadmin/sites/ELER/Dateien/05_Service/Publikationen/LandInForm/PDF-Downloads/LIF_Spezial_4_komplett.pdf (aufgerufen: Mai 2015)